Berufsbild

Berufsbild

Die Anthroposophische Kunsttherapie wurde aus Impulsen entwickelt, die Rudolf Steiner mit seiner anthroposophischen Menschenkunde am Umbruch des 19. ins 20. Jahrhundert für die Pädagogik, Heilpädagogik, Medizin und die Künste gab. In seinem Vortragswerk beschrieb Steiner differenziert die im Menschen und in den verschiedenen Künsten wirksamen Gesetzmäßigkeiten. Auf dieser Basis konnten zunächst künstlerische Übungen zur Förderung des gesunden Wechselspiels von Leib, Seele und Geist eingesetzt werden.

Zusammen mit der Ärztin Ita Wegman setzten Künstler und Ärzte künstlerische Mittel menschenkundlich fundiert in der Therapie ein. Als Voraussetzungen für künstlerisch-therapeutisches Wirken, die heute noch Gültigkeit haben, nannte sie:

  • die Beherrschung der Kunstmittel
  • Offenheit für alles, was mit Krankheitszuständen und Heilungschancen zusammenhängt
  • künstlerisch und wissenschaftlich orientierte Vorgehensweise

1996 wurden erstmalig alle kunstspezifischen Fachbereiche in einem interdisziplinären Berufsbild zusammengefasst und als Berufsbild des Anthroposophischen Kunsttherapeuten der Fachbereiche Plastik, Malerei, Musik und Sprachgestaltung von der Mitgliederversammlung des BVAKT verabschiedet. Basis hierfür bildet die gemeinsame Grundlagenausbildung in anthroposophischer Menschenkunde, Medizin und Pathologie sowie der menschenkundlich fundierte therapeutisch gezielte Einsatz der künstlerischen Mittel und Prozesse.

Tätigkeit und Zielgruppen

Die Anthroposophische Kunsttherapeutin (BVAKT)/der Anthroposophische Kunsttherapeut (BVAKT) behandelt dem ganzheitlichen Krankheitsverständnis der Anthroposophischen Medizin entsprechend Patienten mit Störungen des Zusammenspiels körperlicher, vitaler, seelischer und geistiger Prozesse. Im Sinne der integrativen Anthroposophischen Medizin berücksichtigt sie/er zusätzlich die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10).

Der Arbeitsschwerpunkt liegt in der Therapie akuter und chronischer Erkrankungen wie psychische und Verhaltensstörungen, Krankheiten des Kreislaufund Atmungssystems und des Nervensystems. Weitere Indikationen sind Entwicklungsstörungen, Verhaltens-und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend, Erschöpfungszustände und Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung, in der Rehabilitation somatischer, psychosomatischer und psychischer Erkrankungen sowie in der Prävention stressbedingter Erkrankungen.

Zielgruppen sind Patienten und Klienten aller Altersgruppen. Begleitet werden auch Frühgeborene und ihre Mütter, Patienten mit demenziellen Erkrankungen sowie Schwerstkranke und Palliativpatienten mit ihren Angehörigen.

Wirkungen und Ziele 

Anthroposophische Kunsttherapie (BVAKT)® zielt auf die ganzheitliche Ressourcenaktivierung und Förderung der Selbstregulation durch die Mittel und Wirkungen der Künste, den schöpferischen Prozess/das Werk und die therapeutische Beziehung. Im Rahmen der Übungsbehandlungen werden jeweils die spezifischen Mittel und Wirkungen der Künste Malerei, Musik, Plastik oder Sprachgestaltung eingesetzt  zur:

  • Harmonisierung und Stabilisierung vegetativer Funktionen
  • Stärkung der Lebenskräfte
  • Verbesserung des Zugangs zum Innengefühlsleben
  • Verbesserung der Selbstwahrnehmung, der Verdeutlichungsfähigkeit über künstlerisches Arbeiten, Beziehungsfähigkeit zum Werk und zur Umgebung und dessen/deren Veränderungen
  • Verbesserung der Sinnesfunktionen
  • Ausgleich von Vereinseitigungstendenzen und Defiziten
  • Entwicklung und Verbesserung der Problemfokussierungs-und Handlungsfähigkeit zwischen Strukturieren und Fließen, Abgrenzen und Verbinden.

Berufsbild

Spezifisch ist die anthroposophisch-menschenkundlich fundierte Nutzung präverbaler, nonverbaler und prozeduraler Kommunikation mit handlungsorientierter Bezugnahme auf die Funktionen ganzheitlicher Gesundheit mit ihren personen-und umweltbezogenen Faktoren sowie den Gegebenheiten des individuellen Lebenshintergrundes. Weitere Ziele sind:

  1. Verbesserung ganzheitlicher Selbstregulation und -organisation
  2. Entwicklung und Verbesserung der Mitschwingungs-und Beziehungsfähigkeit
  3. Stärkung von Selbst-und Sozialkompetenz
  4. Verbesserung von Bewältigungsstrategien und Zukunftsperspektiven.

 

Die Maßnahmen der Anthroposophischen Kunsttherapie (BVAKT) werden bezogen auf den Krankheitstypus und patientenzentriert durchgeführt, d. h. mit dem Patienten werden unter Einbeziehung seiner schöpferischen Produktionen wie Bilder, Plastiken, oder seinen musikalischen bzw. sprachlichen Gestal-tungen Therapieziele und -wege entwickelt, beurteilt und ggf. angepasst. In Abstimmung auf sein Krankheitsbild und die individuellen Intentionen des Patienten wird die Therapie als Einzel-oder Gruppentherapie durchgeführt. Ziel ist es, die größtmögliche Selbstregulationsfähigkeit zu erreichen. Dazu kann auch die Beratung des Patienten oder seiner Angehörigen bzw. gesetzlichen Vertreter gehören.

Arbeitsfelder

Anthroposophische Kunsttherapeutinnen (BVAKT) und Anthroposophische Kunsttherapeuten (BVAKT) arbeiten in Akut-und Rehabilitationskliniken.

Tätigkeitsfelder im stationären Bereich sind folgende Fachabteilungen:

  • Psychiatrie
  • Psychosomatik
  • Kinder-und Jugendlichen Psychosomatik
  • Pädiatrie
  • Geriatrie
  • Onkologie
  • Allg. Innere Medizin
  • Kardiologie
  • Diabetologie
  • Gastroenterologie
  • Neurologie
  • Pneumologie
  • Gynäkologie & Geburtshilfe
  • Neonatologie
  • Chirurgie
  • Intensivmedizin
  • Palliativversorgung.

 

Die stationäre Behandlung findet in Atelier-bzw. Therapieräumen oder in den Patientenzimmern am Bett statt. Weitere Berufsfelder sind Heilpädagogik, Sozialtherapie, Alten-und Pflegeheime, Sonderschulen, Schu-len, Kindergärten, Therapeutika oder Praxen in freier Niederlassung. In der ambulanten Versorgung werden zusätzlich ärztlich verordnete Hausbesuche durchgeführt.

Darüber hinaus sind Anthroposophische Kunsttherapeutinnen (BVAKT) und Anthroposophische Kunsttherapeuten (BVAKT) in Lehre und Forschung sowie in der Prävention und Gesundheitsförderung tätig.Unabhängig vom Einsatzort bilden sich Anthroposophische Kunsttherapeutinnen (BVAKT) und Anthroposophische Kunsttherapeuten (BVAKT) zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts regelmäßig und zielgerichtet fort. Die Güte der ablaufenden Therapieprozesse wird insbesondere gesichert durch ihre Kooperation mit dem verordnenden Arzt und dem interdisziplinären Team. Dies schließt Psychotherapeuten, Pflegende, Psychologen, Sozialarbeiter, Pädagogen, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und Erzieher ein.

In ihrem Bereich sind Anthroposophische Kunsttherapeuten (BVAKT) selbständig und eigenverantwortlich tätig. Sie unterstehen der Berufsordnung Anthroposophischer Kunsttherapeuten im BVAKT. Diese beinhaltet die ethischen Wertsetzungen der Berufsgruppe und regelt Zuwiderhandlungsverfahren.

Allgemeine Tätigkeitsmerkmale und Aufgaben

Als nichtärztliche Therapeuten werden Anthroposophische Kunsttherapeutinnen (BVAKT) und Anthroposophische Kunsttherapeuten (BVAKT) auf der Grundlage ärztlicher Verordnung tätig.

  1. Sie erheben Anamnesen und stellen die auf dem Ersteindruck, einer phänomenologischen Betrachtung des Patienten und der diagnostischen Werk-und Prozessbetrachtung basierende fachspezifische kunsttherapeutische Eingangsdiagnose nach den Gesichtspunkten der Anthroposophischen Medizin
  2. bauen eine therapeutische Beziehung zum Patienten auf und gestalten diese professionell
  3. entwickeln kurz-, mittel-oder langfristige Therapieziele, die sie mit dem verordnenden Arzt abstimmen
  4. setzen künstlerische Mittel und Prozesse entsprechend der Gesundheits-und Krankheitslehre der Anthroposophischen Medizin therapeutisch ein
  5. gestalten und reflektieren die Phasen des kunsttherapeutischen Prozesses in Bezug auf das Verhältnis des Patienten zu seinem Werk/ bzw. den sich darin abbildenden Phänomenen, zu sich selbst sowie zur Therapeutin/ zum Therapeuten, sozialen Prozessen und seiner Umgebung
  6. setzen das Ergebnis der Verlaufsreflexion in Maßnahmen um und/oder kommunizieren dieses bei Besonderheiten mit dem verordnenden Arzt und dem interdisziplinären Team zu Änderungen und Ergänzungen des Therapieplans
  7. kommunizieren beratend mit Angehörigen bzw. gesetzlichen Vertretern der Patienten
  8. dokumentieren den Behandlungsverlauf und erstellen Abschlussberichte.

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